Das Ozeanspiel sticht in See! Stürmische Verhandlungen um die Zukunft der Meere

Dritter Playtest unseres Ozeanspiels auf der Lotseninsel Schleimünde

Als wir von der Fähre auf den kleinen Anleger an Land gingen, toste der Sturm, wühlte das Wasser auf, schüttelte die wenigen Bäume und ließ die Fenster im alten Lotsenhaus klappern. Auf der idyllischen Lotseninsel an der Schleimündung warteten acht Jugendliche und drei Betreuer*innen auf Lisa und Stefan aus unserem Team, um in die Rolle von Ozean-Akteuren zu schlüpfen und die Dynamik auf den Weltmeeren und an den Küsten zu erleben.

Es war unser dritter Playtest, den wir am vergangenen Wochenende durchgeführt haben, aber der erste mit unserer eigentlichen Ziel-Altersgruppe von Jugendlichen, in Kooperation mit dem von der Nordkirche initiierten Umweltbildungsprojekt “KlimaSail”. Spielmechanisch hatten wir noch einmal einiges überarbeitet, die Charaktere und ihre Interaktionen weiter ausgefeilt. Außerdem testeten wir neue Spielsteine in unterschiedlichen Transparenzen, für nachhaltige und weniger nachhaltige Nutzungen des Meeres. So genügt nun ein Blick auf den Spielplan, um zu sehen, ob Fischer, Reeder oder Tourismusanbieter auf umweltschonende oder intensivere, aber mehr gewinnbringende Aktivitäten setzen.

Gespannt hatten sich die Teilnehmer um den Tisch aufgestellt und spekulierten schon über Details des Spielplans und die Funktionen der Spielmaterialien. Nach einer kurzen Einführung durften sich alle ihre Rolle aussuchen und studierten konzentriert ihr Charakterblatt. Noch viele Fragezeichen waren rundum in den Gesichtern zu sehen, und als die Sanduhr umgedreht wurde und die erste Runde startete, waren wir uns wirklich unsicher: Wird das Ganze funktionieren? Wird die Komplexität des Spiels die Kids nicht doch überfordern?

Zu Beginn waren wir als Spielleiter noch sehr viel im Einsatz, um Fragen zu klären: Wo darf ich bauen? Wie interagiere ich denn jetzt genau mit welchen anderen? Zaghaft wurden erste Plättchen auf den Spielplan gesetzt. Doch schon in der zweiten Runde verändert sich die Atmosphäre im Raum plötzlich: Die Aktivitäten und der Geräuschpegel im Raum steigen sprunghaft an, die Verhandlungen um das Meer verselbstständigen sich! Reeder bauen geschäftig Routen, Erdölplattformen und Aquakulturanlagen werden errichtet, ein Umweltschützer sammelt fleißig Unterschriften für ein neues Meeresschutzgebiet. Plötzlich gibt es Ärger zwischen der Journalistin, die mit verdrehten News ihre eigenen Interessen verfolgt, und einer Bürgermeisterin, die daraufhin kurzerhand ihre eigene Presseagentur eröffnet… Das Spiel war im vollen Gange!

Ozean-GmbH_Lotseninsel-Spieler

Als wir nach anderthalb Stunden die letzte Runde ansagten, kam prompt Protest von allen Seiten: „Nein, bitte noch mindestens 2 Runden!!“ Damit hatten wir nun nicht gerechnet. Noch zweimal drehten wir die Sanduhr um, wurden Deals verhandelt, Anlagen gebaut, passierten überraschende Ereignisse im Ozean und wurden News verlesen. Dann plötzlich, in der allerletzten Runde, äußerte sich dann die “Seele der Meere”: „Die Menschen kümmern sich nur um die Wirtschaft und übersehen wichtige Dinge, sie haben den Kontakt zur Natur verloren. Die Seele der Meere nutzt nun ihre Macht, und alles Erbaute verschwindet von der Welt. Keiner erhält Geld, keiner erinnert sich an Technik, dafür bekommen sie das Wissen, den Klimawandel zu stoppen!“

Während die Nachricht verlesen wurde, räumte die Seele der Meere das komplette Spielfeld leer. Da waren alle, inklusive wir Spielleiter, nun erstmal baff. Und prompt setzten die Proteste ein: “Aber warum denn? Ich bin doch nur ein armer Fischer, ich muß doch auch überleben!” “Und ich habe doch schon die nachhaltigsten Aquakulturanlagen gebaut, die es gibt!” Damit hätten wir uns nun fast heimlich aus dem Tumult zurückziehen und die Spieler die Sache unter sich ausdiskutieren lassen können… tja, wäre das auf dieser kleinen Lotseninsel möglich gewesen und die Fähre zurück nicht erst am nächsten Morgen gegangen.

Auch so können wir sagen: Es ist erstaunlich, wie die Kids sich in ihre Rollen hineinversetzt und was sie aus den Denkanstößen, die wir gegeben haben, gemacht haben – und das ist ja auch genau das, was das Spiel leisten soll. Für uns war es also ein erfolgreicher Test, und eine erstaunliche und befriedigende Erfahrung, nach monatelangem Tüfteln und manchmal mühsamer Kleinarbeit, zu sehen wie unser Ozeanspiel tatsächlich funktioniert!